Jetzt ist es also soweit: Das neue Schuljahr hat begonnen – mit allen Besonderheiten und Unsicherheiten, die sich aus dem Bemühen ergeben, in diesem Ausnahmejahr so viel Normalität wie möglich zu erreichen. Abstandsgebote, „Einbahnstraßen-Regelungen“ im Schulgebäude, Maskenpflicht im Unterricht und so weiter sollen dafür sorgen, dass nach den Sommerferien eines unbedingt verhindert wird: Erneute Schulschließungen infolge steigender Infektionszahlen mit dem Corona-Virus. Dabei kann niemand zum gegenwärtigen Zeitpunkt sagen, wie sich die Lage entwickeln wird. Viel zu neu und einmalig ist das, was wir gerade erleben, noch zu wenig belastbar die bisherigen Erkenntnisse. Mit dem Ende der Urlaubssaison und dem Herbstbeginn steuern wir in eine neue Phase der sogenannten „dynamischen Entwicklung“.
Wie gehen wir mit der Krise um?
Was ist „richtig“, was ist „falsch“? Sind die getroffenen Maßnahmen übertrieben, angemessen oder unzureichend? Wo gelten eigentlich welche Bestimmungen, und für wie lange? Noch immer gibt es mehr Fragen als Antworten – ein unangenehmer Zustand, den auszuhalten mitnichten ein Leichtes ist. Viele sehnen sich nach Normalität, zurück in die Zeit „vor Corona“, während einige wenige den aktuellen Ausnahmezustand scheinbar sogar begrüßen und als Sprungbrett für weit größere gesellschaftliche Umwälzungen zu nutzen versuchen. Die Lage ist unübersichtlich und wirkt teilweise wie zum Zerreisen gespannt – und mittendrin steht jede*r Einzelne von uns, mit allem, was uns ausmacht. Wie gehen wir mit der Krise um? Welche Meinung haben wir zu den politischen Entscheidungen der vergangenen Monate? Wie sehr waren wir persönlich und vielleicht sogar am eigenen Leib von COVID-19 betroffen.
Infektionszahlen niedrig halten – Schulschließungen vermeiden
Der Versuch (oder besser gesagt: Das Experiment) „Schulstart“ wird genau beobachtet, und es bleibt zu hoffen, dass bei einem Wiederanstieg der Infektionszahlen angemessene und wirksame Maßnahmen getroffen werden. Nur bitte nicht wieder vollständige Schulschließungen, denn zu gravierend scheinen die (psychischen) Folgen für die Schüler*innen zu sein. Und die Lehrkräfte? Nicht wenige von ihnen gehören aufgrund ihres Alters und bestehender Vorerkrankungen zur „Risikogruppe“, entsprechend groß ist die Angst vor einer Ansteckung. Dieser Sorge steht eine simple und doch alles andere als einfach zu beantwortende Frage gegenüber: „Funktionieren die Hygienekonzepte?“
Der Mensch und sein Verhalten
Wieso ist diese Frage so schwer zu beantworten? Weil eine ganz bestimmte Variable in dieser Überlegung mitgedacht werden muss: der Mensch und sein Verhalten. Und da erleben wir aktuell die komplette Bandbreite des Möglichen und (Un-)Vorstellbaren, verbunden mit der scheinbar stetig größer werdenden Bereitschaft, vormals indiskutable und in einem grundlegenden Konsens verankerte Überzeugungen anzuzweifeln oder sogar zu bekämpfen.
Vom Schock zur Gereiztheit
Während zu Beginn der Corona-Pandemie angesichts der „Schock-Lage“ ein starkes Gefühl des Miteinanders und der Solidarität vorherrschte, präsentiert sich uns jetzt, ein halbes Jahr später, ein anderes Bild: Eines der zunehmenden Gereiztheit, der wachsenden Unsicherheit und der Notwendigkeit, irgendwo zwischen föderalen Vorgaben und bundespolitischen Mahnungen, zwischen Gruppendruck und persönlicher Haltung einen (eigenen) Weg zu finden.
Unsere Krisenfestigkeit wird geprüft
Wie also umgehen mit der herrschenden Ausnahmesituation? Letztlich sind wir alle auf uns selbst zurückgeworfen. Durch die Neuartigkeit des aktuell Erlebten werden wir in unserer Krisenfestigkeit geprüft wie vielleicht noch nie zuvor. Und manch eine*r wird an einen Punkt kommen, an dem psychologische Unterstützung nötig wird. In den Heiligenfeld Kliniken ist es uns ein wichtiges Anliegen, Betroffenen hier eine adäquate Unterstützung zu bieten. Drei verschiedene Behandlungsangebote (Kurzzeittherapie, Krisengruppe, umfassende stationäre Psychotherapie) fokussieren speziell auf die Belastungen durch die Corona-Pandemie und unterstützen dabei, Ressourcen (wieder) zu stärken und die Angst zu bewältigen.