Bossing: Schikaniert vom Chef

„Arbeit ist das halbe Leben“ Wer hat diesen Spruch noch nicht gehört? Doch was, wenn dieses „halbe Leben“ die Hölle ist? Was, wenn der Chef Sie vor versammelter Mannschaft lächerlich macht, Ihnen Fehler unterstellt oder sogar Zuständigkeiten entzieht? Das kommt Ihnen bekannt vor? Dann sind Sie vielleicht schon einmal mit „Bossing“ in Berührung gekommen.

Bossing ist Mobbing – und zwar durch den Chef! Während bei dem, was man üblicherweise unter Mobbing versteht, Opfer und Täter auf derselben Stufe stehen, sind beim Bossing die Machtverhältnisse deutlich verschoben. Das Opfer ist ein Mitarbeiter, steht in der Betriebshierarchie deutlich unter dem Täter, daher bezeichnet man diese Art des Mobbings auch als „downward bullying“ (Anm.: engl. „to bully“ = jemanden schikanieren): Mobbing nach unten.

„Sie werden noch weit kommen. Am besten gehen Sie jetzt schon.“

Bossing ist Mobbing mit System. Häufig kommt es dann zum Einsatz, wenn ein Mitarbeiter vergrault werden soll. Wer einen besonderen Kündigungsschutz genießt oder aus anderen Gründen nur schwer entlassen werden kann, könnte zur Zielscheibe für Bossing-Attacken werden. Die Anfeindungen erscheinen willkürlich, sind aber stets höchst verletzend und werden über einen längeren Zeitraum ausgespielt. Das Opfer soll so nach und nach eingeschüchtert und zermürbt werden, bis es sich schließlich von selbst entschließt zu gehen.

„Kriegen Sie das hin oder soll Ihnen jemand die Hand halten?“

Bossing kann auf der Arbeitsebene oder auf der persönlichen Ebene ausgetragen werden. Bei Ersterem weist der Chef seinem Mitarbeiter entweder besonders triviale oder – ganz im Gegenteil – kaum zu bewältigende Aufgaben zu. Alles, was sich außerhalb der Komfortzone des Mitarbeiters befindet, ist dem Boss recht. Sein Ziel ist es das Vertrauen des Mitarbeiters in dessen eigene Fähigkeiten zu erschüttern. Zu welchem Arbeitsergebnis das Bossing-Opfer auch kommen mag, der Chef wird versuchen die Früchte der Arbeit in ein schlechtes Licht zu rücken. Dem Mitarbeiter Aufgaben zu entziehen, die eigentlich genau dessen Expertise entsprechen, zählt ebenfalls zu dieser Taktik. Ein Bossing-Täter gibt seinem Opfer keine Chance zu glänzen.

„Ich würde Sie gerne persönlich treffen. Die Frage ist nur: womit?“

Wenn es dem Boss nicht genügt die Kompetenzen seines Opfers infrage zu stellen, wird er es auch auf persönlicher Ebene angreifen. Verleumdungen, falsche Unterstellungen und negative Anspielungen sollen nicht nur Selbstbewusstsein und Ehrgefühl verletzen, sondern das Opfer außerdem isolieren. Oft sorgt der Boss dafür, dass sein Mitarbeiter vom restlichen Team ausgegrenzt oder sogar geschnitten wird. Dass die Kollegen einem Bossing-Opfer als Verbündete beistehen, passiert leider in den allerwenigsten Fällen. Zu groß ist die Angst der Anderen selbst zum Prügelknaben zu werden.

Was Betroffene tun können

Um Bossing entgegenzuwirken, ist es zunächst einmal wichtig zu verstehen, worin die Ursachen für ein solches Verhalten liegen könnten. Viele Opfer suchen – verunsichert durch die ständigen Zurechtweisungen ihres Chefs – die Schuld bei sich selbst. Doch auch wenn es Kritik hagelt, liegt dem Bossing in der Regel kein tatsächlicher Leistungsabfall des betreffenden Mitarbeiters zu Grunde. Im Gegenteil: Nicht selten fühlt der mobbende Chef sich seinem Bossing-Opfer fachlich unterlegen oder versucht mit übertriebener Härte die eigene Führungsunsicherheit zu kaschieren. Auch wachsender wirtschaftlicher Druck kann einen Vorgesetzten so in die Enge treiben, dass er auf seine eigenen Mitarbeiter losgeht.

Es ist nicht Ihre Schuld

Für Bossing-Opfer ist es wichtig sich vor Augen zu halten, dass sie nicht für die Behandlung verantwortlich sind, die sie durch ihren Chef erfahren. Sie sollten Bossing-Attacken unbedingt als das wahrnehmen, was sie sie sind: heimtückische Angriffe auf ihr Selbstwertgefühl. Den Kontakt zu Menschen zu suchen, die ihnen in dieser belastenden Situation helfen können, ist dann der nächste Schritt. Auf betrieblicher Ebene könnte das der Betriebsrat oder auch eine Gewerkschaft sein. Gerade wer mit Existenzängsten zu kämpfen hat, kann sich an diesen Stellen zum Thema Kündigungsschutz beraten lassen. Wer sich mutig genug fühlt, um in die Offensive zu gehen, kann auch bei der nächsten Führungsebene anklopfen und sich über seinen direkten Vorgesetzten beschweren.

Sich selbst und die eigenen Ressourcen schützen

Grundsätzlich ist jedoch eher davon abzuraten einen Kleinkrieg gegen den eigenen Chef zu beginnen und viel Zeit und Energie in die Widerlegung von dessen Äußerungen zu investieren. Es ist ein nervenzehrendes und zeitaufwändiges Unterfangen die eigene „Unschuld“ (beispielsweise mithilfe von Besprechungsprotokollen) nachweisen zu wollen, wenn am Ende ohnehin keine Versöhnung mehr vorstellbar ist. In vielen Fällen bleibt der einzige Ausweg aus einer Bossing-Situation die Kapitulation. Wer in Erwägung zieht seine Stelle aufzugeben, sollte den Abschied vom Unternehmen jedoch keinesfalls als Schmach, sondern als Befreiung begreifen – eine Chance sich einer neuen, mental und sozial lohnenderen Aufgabe zu widmen.

Mobbing – kein harmloses Spiel der Eitelkeiten

Wie jede Art des Mobbings ist auch Bossing nicht als harmlos anzusehen. Ganz im Gegenteil: Bossing ist seelisch massiv belastend, gefährdet die berufliche Laufbahn der Betroffenen und ist – nicht zuletzt aufgrund der unterschiedlichen Machtverhältnisse zwischen Täter und Opfer – ein besonders perfides Spiel mit den Gefühlen anderer. Seinen Mitarbeitern den Arbeitsalltag zur Hölle zu machen, ist kein Kavaliersdelikt.

Nach der Befreiung kommt die Heilung

Sich als Bossing-Opfer psychologische Unterstützung zu holen kann ein entscheidender Faktor sein, wenn es darum geht sich aus der Situation zu befreien und persönliche Attacken zu verarbeiten. Die Konsequenzen des Mobbings beschränken sich nämlich längst nicht nur auf die Aufgabe einer Arbeitsstelle! Bossing beeinträchtigt ganz empfindlich das Selbstwertgefühl der Opfer und kann dazu führen, dass Betroffene an Burn-Out oder einer Depression erkranken. Symptome wie Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit und Schlafstörungen sind nur einige von vielen Beschwerden, die den geplagten Mitarbeitern zu schaffen machen.

Die Heiligenfeld Kliniken können Sie dabei unterstützen in ein erfülltes (Berufs-)Leben zurückzufinden. In unseren Häusern in Bad Kissingen und Berlin bieten wir Kurz- und Langzeittherapien an, die Ihnen helfen können das Bossing-Tief zu überwinden. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.

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2 Antworten

  1. […] Ein anderer Begriff, der im Zusammenhang mit Mobbing existiert, lautet „Bullying“. Er kommt vom englischen Verb „to bully“, was sich mit „drangsalieren“, „tyrannisieren“ oder „quälen“ übersetzen lässt. Diese deutlich drastischere Bezeichnung verwendet man im englischsprachigen Raum anstelle des bei uns geläufigen „Mobbing“. Doch auch im Deutschen findet der Begriff Verwendung, insbesondere dann, wenn es um Mobbing unter Kindern oder Schülern geht. Der Mobber oder Täter wird dann auch häufig als „Bully“ bezeichnet. Wenn es um Mobbing unter Erwachsenen, speziell durch einen Vorgesetzten am Arbeitsplatz, geht, spricht man hingegen von Bossing. […]

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