Diese Rezension wurde uns von Zuzanna-Teresa Heinrich gesendet und wir veröffentlichen sie gerne.
Schon das Cover der deutschen Ausgabe des ersten Romans, des in Benin geborenen, in Québec lebenden, 33 Jahre alten Informatikers Ryad Assani-Razaki , Iman, lässt einen nicht mehr los. Traurige, misstrauische, wütende Augen eines schönen, schwarzen Knaben. Hinter ihm die gekrümmten Finger eines Jungen mit nacktem Oberkörper, die wie Fangarme nach ihm greifen. Ein Roman, der von der Gewalterfahrung erzählt, die Kinder in Afrika machen, wenn sie als Sklaven an Weiße verkauft werden und ebenso in der Interaktion der in den Abgrund gerutschten Kinder und Jugendlichen. Aber es ist auch, und v.a., ein Roman über die Folgen von Heimatlosigkeit im Verlust des Elternhauses, Einsamkeit, Angst, von Momenten des Glückes, Freundschaft und Liebe; letzteres wunderschön und poetisch dargestellt an der Kostbarkeit eines kleinen, weißen Plastik-Ohrringes. Er erzählt von pervertierter Erkenntnis und ihren furchtbaren Folgen durch falsch gedeutete Verhaltensweisen, weil nicht gesehen wird; von zerstörerischem Missbrauch, wo für Liebe ein Platz war. Von Hoffnung auf ein besseres Leben als das im Geburtsland, wenn die Flucht über den Ozean gelingt – und da die Aussage, die voller Angst und doch so weise ist: „Ich habe Angst, bei meiner Ankunft festzustellen, dass es dort nicht anders ist als hier.“
Ein Buch, bei dessen Lektüre man Zeit und Raum vergisst, trotz all der erzählten und erfahrenen Brutalität, weil es Sätze darin gibt, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen, wie z. B.: „Wasser, Feuer und Erde folgen den Gesetzen der Schwerkraft, sie zieht es zu Boden. Der Wind hingegen ist frei, er weht, wohin er will. Ich war wie der Wind. Doch ich war zu gierig gewesen. Denn der Wind ist unsichtbar, und ich hatte plötzlich gewollt, dass man mich sieht.“
Das Buch gibt es im Buchshop Heiligenfeld.