Silvia Kirsch, Psychologin der Parkklinik Heiligenfeld hat einen Beitrag zum Thema “Hund als Ressource” verfasst.
Als ich gebeten wurde, einen Artikel darüber zu schreiben, welche Ressource ein Hund für das menschliche Wohlbefinden darstellt, sind mir sofort ganz viele Beispiele eingefallen. Jedoch möchte ich unbedingt eine Sache vorneweg anbringen, die mir wichtig ist: Ich empfehle niemandem, einen Hund zu sich zu nehmen, aus der Motivation heraus, dann seelisch oder körperlich gesund zu werden. Ich kenne Menschen, die einen Hund zu sich geholt haben, in der Hoffnung, dann Struktur in ihr Leben zu bekommen, zum Beispiel dadurch, dann “gezwungen” zu sein, dreimal täglich in die Natur zu gehen. Wenn jedoch das Herz dabei fehlt, der innere Wunsch, mit einem Tier zusammenzuleben oder auch die Kraft sich um ein Tier kümmern zu können, kann das dann schnell in Frustration enden. Denn oft wird unterschätzt, wieviel Arbeitsaufwand mit einem Hund verbunden ist. Nicht nur Zeit, die mit dem Hund verbracht wird – wozu auch der zeit- und durchaus auch kraftaufwendige Beziehungsaufbau gehört – sondern beispielsweise auch viel mehr Zeit als für das Putzen der Wohnung, aber auch die Übernahme von Verantwortung, das zeitliche Eingebundensein sowie anfallende Kosten. Bevor Sie sich einen Hund zulegen, empfehle ich Ihnen, die Motivation zu überprüfen, warum Sie einen Hund möchten. Kommen Sie zu dem Schluss, dass ein Hund eher “Mittel zum Zweck” ist, also Gründe finden wie z.B. “dann muss ich spazieren gehen”, empfehle ich Ihnen, sich das noch einmal gut zu überlegen. Wenn Sie jedoch einen Hund zu sich nehmen wollen, weil Sie einfach Freude daran haben, mit einem Hund zusammenzuleben, und auch Freude daran haben, sich persönlich durch die Beziehung und die Herausforderungen, die das Tier mit sich bringt, weiterzuentwickeln, dann sind Ihre Chancen, mit Ihrem Tier glücklich zu werden, hoch und es kann tatsächlich eine Ressource für Sie sein. Ressourcen sind Kraftquellen. Quellen, aus denen Sie Kraft für Ihr Leben schöpfen können. Ein Hund kann zweifelsohne viel Freude in Ihr Leben bringen. Für Menschen, die aus schwierigen familiären Verhältnissen kommen oder gar keine Familie mehr haben, kann ein Hund eines der wesentlichen Grundbedürfnisse, das Bedürfnis nach Zugehörigkeit – zumindest temporär – befriedigen. Menschen, die schwer enttäuscht wurden, finden im Zusammenleben mit dem Tier häufig ein Gefühl von Sicherheit sowie Nähe und Geborgenheit. Denn ein Hund wird nichts tun, um Sie persönlich zu ärgern. Ein Hund handelt immer ziel- und zweckorientiert. Menschen, die Angst davor haben, von anderen Menschen abgelehnt oder vorverurteilt zu werden, finden in ihrem Tier häufig einen Anker im Leben, der für sie da ist und dem es völlig egal ist, ob sie beispielsweise eine Aufgabe erfüllt haben oder wie ihr äußeres Erscheinungsbild ist. Auch sorgt er für Struktur in Ihrem Lebensalltag, indem Sie gefordert sind, regelmäßig mit ihm spazieren zu gehen, ihn regelmäßig zu füttern und auch zu kuscheln. Dies kann für Menschen, die Ihren Alltag aufgrund psychischer Erkrankungen nicht mehr strukturieren können, sehr hilfreich sein und ist oft das Einzige, wofür sie sich noch aktivieren können. Ein Hund fordert Sie auf präsent zu sein, d.h. im Hier und Jetzt, also gedanklich und gefühlsmäßig anwesend zu sein. Wenn Sie dies nicht sind, kann es schnell passieren, dass Ihr Hund sich interessantere Beschäftigungsmöglichkeiten sucht. Da Menschen mit psychischen Erkrankungen oft unter kreisenden Gedanken leiden, können sie durch ihr Tier lernen, sich immer wieder auf den gegenwärtigen Moment zu konzentrieren. Durch körpernahes Spiel mit dem Tier können Menschen lernen, sich wieder zu begeistern und ein Gefühl für die Regulation von Nähe und Distanz zu bekommen. Für Menschen, die sich sozial zurückgezogen haben, kann ein Hund auch dabei helfen, wieder in Kontakt mit anderen Menschen zu treten. Oft fällt dies leichter, da man über den Hund spricht und so ein gemeinsames Thema hat oder man geht in eine Hundeschule und knüpft hierüber Kontakte. Oft ist es auch so, dass der regelmäßige Besuch einer Hundeschule Struktur in den Alltag bringt und Freude sowie das Gefühl von Zugehörigkeit, selbst wenn die Beziehungen zu anderen Herrchen und Frauchen eher oberflächlich sind und sich nur auf den Hundeplatz beschränken. In der Beziehung zum eigenen Tier zeigen sich oft auch persönliche Muster, die therapeutisch aufgedeckt werden können. Insofern kann das eigene Tier auch in der Therapie eine wichtige Ressource sein.
Eine Antwort
Für mich ist das Zusammenleben mit unserem Hund auch die Freude, seine Freude, die nahezu allzeit präsent ist, erleben zu dürfen; seine Leichtigkeit im Sein, auch im fortschreitenden Alter, ist wohltuend.