Jens Krystek ist eigentlich Lehrer. Den Lehrerberuf hat er aber vor einigen Jahren an den Nagel gehängt. Inzwischen arbeitet er beratend für die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung in Fragen zu schulischen Ganztagesangeboten. Nachdem der 52-Jährige dieser Aufgabe anfänglich stundenweise nachkam, ist er nun Vollzeit in diesem Bereich tätig. Bereits dreimal war Jens Krystek in der Parkklinik Heiligenfeld. 2014, 2015 und 2016. Immer für mindestens drei Monate.
Herr Krystek, was war der Grund, weshalb Sie sich entschlossen haben, in die Heiligenfeld Kliniken zu gehen?
Das erste Mal als ich nach Heiligenfeld kam, war 2014. Die Anfangsdiagnose war eine Mischung aus Angst und Depression. Ich war, salopp formuliert, im Eimer. Also richtig erschöpft, kaputt, müde. Ich litt unter Lebensunlust. Ich hatte keine Freude mehr. Ich hatte keinen Kontakt mehr zu anderen Menschen. Auch beruflich bin ich weggebrochen, ebenso privat. Zu dieser Zeit befand ich mich gerade mitten in der Trennung von meiner Frau.
Welche Erkenntnis kam Ihnen bei Ihrem ersten Aufenthalt in Heiligenfeld?
Schon während meines ersten Aufenthalts wurde mir bewusst, dass ich keine normale Kindheit hatte. Ich konnte mich einfach nicht bzw. nur in Ausschnitten an diese erinnern. Daraus schlossen die Therapeuten in Heiligenfeld, dass ich wohl über eine längere Zeit traumatische Erlebnisse hatte und bei mir eine posttraumatische Belastungsstörung vorläge. Während ich in Heiligenfeld war, poppten immer wieder Bilder aus der Vergangenheit auf. Mir wurde klar, dass hier einiges im Argen lag. Diese Geschehnisse waren die Ursache für meine Angst, Depression, Panik und Sozialphobie. Bereits einige Jahre früher war auch Suchtproblematik ein Thema für mich. Hierzu hatte ich mich 2009 behandeln lassen. Mein erster Aufenthalt war also geprägt von der Erkenntnis und dem Bewusstwerden, was die Ursache für meinen gegenwärtigen Zustand war.
Wie ging es nach Ihrem Aufenthalt in der Parkklinik weiter?
Ich kam mit der zuvor genannten Erkenntnis, die ich in Heiligenfeld gewonnen habe, wieder nach Hause. In der Zeit änderte sich sehr viel. Ich hatte eine neue Beziehung und suchte mir eine neue Wohnung. Auch mein Bekanntenkreis änderte sich. Ohne dass ich aktiv werden musste, baute sich dieser neu auf. Dadurch hatte ich den Freiraum, an mir zu arbeiten. Äußere Zwänge waren weggefallen. Der Satz “man muss loslassen können, um frei zu tun” passte also exakt. Ich ging einmal in der Woche zur Therapie und fing schließlich wieder an zu arbeiten. Ich habe dann schnell festgestellt, dass ich mich in einem Umfeld bewege, das mir nicht guttat. Es lief einfach nicht rund in der Schule. Ich stellte fest, dass es hier Dinge gab, die mich krank werden ließen. Das betraf nicht die Schüler, sondern mein Verhältnis zu den Kolleginnen und Kollegen. Es entwickelte sich ein regelrechtes Spannungsfeld. Als es dann auch noch zur Trennung von meiner Partnerin kam, was mich ziemlich mitnahm, habe ich beschlossen, erneut nach Heiligenfeld zu gehen.
Was war der Unterschied zwischen Ihrem ersten und zweiten Aufenthalt in der Parkklinik Heiligenfeld?
Mein zweiter Aufenthalt in Heiligenfeld war geprägt von sehr viel Körpertherapie. Ich konnte alles von mir abschütteln, was durch die Trennung zum Vorschein kam. Im Vergleich zum Vorjahr fühlte ich mich deutlich stabiler, um an bestimmten Therapien wie etwa der Atemtherapie teilnehmen zu können.
Was passierte nach Ihrem zweiten Aufenthalt?
Bereits während meiner Zeit in Heiligenfeld habe ich Kontakt zu anderen Hundebesitzern aufgenommen. Nach meiner Rückkehr nach Hause habe ich mir dann einen Hund gekauft. Das war sozusagen mein eigener Therapiehund. Mir blieb nämlich keine Zeit für meine eigenen Befindlichkeiten, da die Bedürfnisse des Hundes im Fokus standen. Schließlich fing ich auch wieder an, zu arbeiten, sowohl in der Schule als auch in der Beratung. Parallel war ich in therapeutischer Behandlung, was Vor- und Nachteile mit sich brachte. Es dauerte nicht lange, bis ich gemerkt habe, dass ich nicht mehr in der Schule arbeiten konnte, da sämtliche Schutzmechanismen weggebrochen waren. In dieser Phase habe ich mehr Zeit weinend auf der Toilette verbracht, als vor meinen Schülern. Ich habe jedes Wort der Kollegen persönlich genommen. Schließlich habe ich mich krankschreiben lassen. Außerdem habe ich beim Ministerium meinen Wunsch geäußert, dass ich nur noch beratend und nicht mehr als Lehrer tätig sein möchte und beschlossen, erneut in die Parkklinik Heiligenfeld zu gehen.
Im vergangenen Jahr waren Sie zum dritten Mal in der Parkklinik. Wie haben Sie diesen Aufenthalt erlebt?
Bei meinem letzten Aufenthalt in Heiligenfeld wurde mir bewusst, dass es die richtige Entscheidung war, nach meiner Rückkehr nach Hause nicht mehr in den Schuldienst zu gehen. Der Fokus der Therapie lag in dieser Zeit auf Traumabehandlung und Atemtherapie. Außerdem habe ich mich bewusst auf Pausen konzentriert. Das hatte ich bei meinen früheren Aufenthalten nicht gemacht. Im Gegenteil, ich dachte, ich müsste an möglichst vielen Therapien teilnehmen. Ich habe festgestellt, dass mir diese Pausen guttaten. Das dritte Mal in Heiligenfeld war also komplett anders als die beiden Male zuvor.
Hatten Sie Ihren Hund mit vor Ort in der Parkklinik Heiligenfeld?
Ja, der war dabei. Ich habe auch an der tierbegleiteten Therapie teilgenommen und war in der Indikationsgruppe “Mensch und Tier”. Das war wie ein Jahr Hundeschule in komprimierter Form. Ich habe sehr viel über die Beziehung zu meinem Hund gelernt, vor allem darüber, weshalb er nicht an mir interessiert war. Er lief immer 150 Meter hinter mir. Der Grund dafür war, dass wir beide depressiv waren. Außerdem war ich nicht interessant genug für ihn. Jeder von uns war mit sich selbst beschäftigt. Ich habe dann gelernt, was ich tun kann, damit sich mein Hund mir zuwendet. Unser Kontakt und unser Verhältnis zueinander haben sich durch die Zeit in Heiligenfeld komplett verändert. Der Aufenthalt mit meinem Hund in der Parkklinik Heiligenfeld war ein Geschenk für mich. Wann hat man denn sonst die Gelegenheit, den Hund mit in die Therapie zu integrieren.
Was war für Sie das Besondere an den Heiligenfeld Kliniken?
Das Besondere war, dass, wenn man will, dort Hilfe bekommt. Ich bekam hier Hilfe. Hinzukommt die beseelende Atmosphäre. Diese hat eine heilende Wirkung. In Heiligenfeld kann man sein, wie man ist, mit all seinen Schwierigkeiten und Problemen. Ich bin froh um die Menschen, die ich dort kennen gelernt habe. Für mich hat das Konzept “Heiligenfeld” funktioniert. Ich bin davon überzeugt. Das ist auch der Grund, weshalb ich hier sitze. Ich erzähle anderen Menschen gerne von Heiligenfeld. Für mich ist es ein Ort, der mir Sicherheit gibt. Das macht mir ein gutes Gefühl. Ich bin auch zwischendurch, als ich nicht in der Klinik war, immer mal nach Bad Kissingen gekommen und habe mich in den Kurpark gesetzt, zusammen mit meinem Hund.
Wie geht es Ihnen heute?
Heute habe ich ein komplett anderes Leben als noch vor einigen Jahren. Heute weiß ich, dass mir etwas zusteht und was mir zusteht. Das habe ich in Heiligenfeld gelernt. Ich kann inzwischen Hilfe annehmen. Außerdem weiß ich im Vergleich zu früher, was mir guttut und was nicht. Ich kann auch selbst mal aggressiv, mal sauer, mal laut sein. Das konnte ich in der Vergangenheit nicht. Ich weiß, warum ich wie bin, warum ich Atemnot habe, warum ich Gewalt nicht mag. Ich kenne meine Geschichte. Außerdem habe ich gemerkt, dass ich ein spiritueller Mensch bin.
Vielen Dank für das Gespräch!
Veranstaltungstipp der Akademie Heiligenfeld
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Datum/Zeit
Termin: 17.11.17
Uhrzeit: 10:00 – 15:15