In der Zeit um den Jahreswechsel entwickelt sich bei vielen, dank Plätzchen, Weihnachtsbraten und Faschingskrapfen, der weitbekannte “Winterspeck”. Doch am Aschermittwoch ist Schluss mit dem Schlemmen, denn dann startet die traditionelle christliche Fastenzeit. Neben der religiösen Bedeutung hat das Fasten aber auch gesundheitliche und spirituelle Aspekte. Zum Beispiel dient das sogenannte Heilfasten oder auch therapeutische Fasten zur Entschlackung und zur Regeneration des Körpers. Dabei wird über einen festgelegten Zeitraum teilweise oder sogar vollständig auf feste Nahrung verzichtet. Diese bewusste Handlung soll Körper und Geist reinigen, sodass man einen gestärkten Körper und eine offenere Wahrnehmung erreicht.
Auch hier in den Heiligenfeld Kliniken wird den Mitarbeitern zwei Mal im Jahr eine begleitete Fastenwoche angeboten. Um zu erfahren, was genau dabei mit unserem Körper passiert und wie man am besten vorgeht, habe ich mich mit der Fastenleiterin und Ernährungsberaterin Sabine Mahlmeister unterhalten.
Warum fastet man?
Das Fasten hat mehrere Gründe und spielt in so gut wie jeder Kultur eine Rolle. Häufig stehen dabei religiöse Aspekte im Vordergrund. Für Christen zum Beispiel beginnt am Aschermittwoch eine 40-tägige Zeit des Verzichts, die zur Vorbereitung auf Ostern dienen soll. Muslime wiederum verzichten im Monat Ramadan von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang sowohl auf feste als auch auf flüssige Nahrung. Neben religiösen Gründen fastet man aber auch, um innezuhalten. Die Zeit des Fastens hilft dabei, den “Reset-Knopf” zu drücken und wieder von vorne zu beginnen. Man kann sie als Startpunkt sehen, wenn man seine Ernährung überdenken möchte oder wenn man etwas in seinem Leben verändern will.
Wie sinnvoll ist Fasten?
Der Sinn des Fastens liegt in der Neuorientierung. Man verzichtet bewusst auf etwas, seien es Süßigkeiten, das Rauchen, Alkohol oder allgemein feste Nahrung. Menschen die fasten, möchten einen Neuanfang wagen, das passt auch gut zum Frühling, der Jahreszeit des Aufbruchs und der Erneuerung. In den Köpfen vieler Menschen herrscht immer noch das Gerücht, das Heilfasten, also der teilweise oder gänzliche Verzicht auf feste Nahrung, wie eine Diät zum langfristigen Gewichtsverlust dient. Doch das ist falsch. Denn sobald man wieder in seine alten Ernährungsgewohnheiten zurückfällt, tritt der sogenannte “Jo-jo-Effekt” ein und man nimmt schnell wieder zu. Es ist mehr ein geistiger Akt, als ein körperlicher.
Welche Formen des Heilfastens werden in den Heiligenfeld Kliniken angeboten?
Hier in den Heiligenfeld Kliniken wird das Heilfasten nur für Mitarbeiter angeboten, natürlich auf völlig freiwilliger Basis. Zum einen gibt es die klassische Variante des Heilfastens nach Buchinger, bei der man nur flüssige Kost zu sich nimmt. Dies können Wasser, Tee, Obst- und Gemüsesäfte oder auch Gemüsebrühe sein. Als Alternative führen wir auch das Milch-Semmel-Fasten nach F. X. Mayr durch. Zusätzlich zur flüssigen Nahrung sind dabei auch altbackene Semmeln und ein Milch- bzw. Sojamilchprodukt wie Joghurt oder ein Glas Milch erlaubt. Es gibt aber noch zahlreiche andere Varianten. Zum Beispiel das “Dinner Cancelling”, bei dem man nach 15 Uhr nichts mehr isst, also das Abendessen weglässt, ist für den Einstieg sehr beliebt.
Welche gesundheitlichen Voraussetzungen sollte man haben?
Allgemein darf so gut wie jeder fasten. Schwangere, Stillende oder Jugendliche unter 16 Jahren sollten allerdings darauf verzichten. Auch für Menschen mit Essstörungen wie Magersucht oder Bulimie sowie nach einer schweren Erkrankung ist das Heilfasten nicht geeignet. Menschen mit einer Stoffwechselerkrankung (Diabetes, Bluthochdruck oder erhöhten Cholesterinwerten) oder Medikamenteneinnahme sind nicht prinzipiell vom Fasten ausgeschlossen, allerdings sollten sie vor dem Fastenbeginn ihren Arzt konsultieren oder unter ärztlicher Leitung fasten.
Was muss man vor bzw. beim Heilfasten beachten?
Wenn man ein kompletter Neuling ist, sollte man sich am besten begleiten lassen oder zumindest vorher genau informieren. Wichtig ist auch, dass man seine kurzzeitige Ernährungsumstellung mit seinem Umfeld vereinbaren kann. Manchen fällt es zum Beispiel schwer, für die Familie zu kochen aber selbst nur eine Schüssel Suppe löffeln zu dürfen. Außerdem sollte man nicht von heute auf morgen mit dem Heilfasten beginnen. Gerade beim ersten Mal ist es für den Körper schwieriger, sich umzustellen. Es empfiehlt sich eine Woche vor Fastenbeginn seine Ernährung langsam herunterzufahren und weniger zu essen. Glaubersalz, Sauerkrautsaft oder ein Einlauf helfen dabei, den Darm zu reinigen und den Körper auf das Heilfasten einzustimmen.
Wie lange sollte man Fasten?
Dazu gibt es keine festen Vorgaben. Man sollte so lange fasten, wie man sich dabei gut fühlt. Wenn man meint sein Stimmungshoch erreicht zu haben, empfiehlt es sich aufzuhören. Als Faustregel kann man fünf bis sieben Tage nehmen. Den Mitarbeitern hier in den Heiligenfeld Kliniken bieten wir das Fasten zwei Mal im Jahr an, im Frühjahr und im Herbst. Wobei die Nachfrage im Frühjahr größer ist, unsere Fastengruppe umfasst im März ca. 30 bis 40 Mitarbeiter und im Oktober ungefähr zwanzig. Das liegt daran, dass viele Menschen sich im Frühling besser motivieren können, als in der “dunklen Jahreszeit”.
Was passiert beim Heilfasten mit unserem Körper und mit unserer Psyche?
Natürlich ist aller Anfang schwer, die ersten drei Tage kosten viel Überwindung. Der Körper verliert Gewicht, Eiweiß und auch viel Flüssigkeit, aber gleichzeitig besinnt er sich auch darauf, was wichtig ist. Bei vielen Fastenden tritt am dritten Tag eine sogenannte “Fastenkrise” ein. Die Gedanken drehen sich dann häufig ums Essen und man malt sich aus wie befriedigend es wäre, einen deftigen Braten oder ein Stück Schokolade zu genießen. Auch körperlich können zu diesem Zeitpunkt Probleme auftreten: Kopfschmerzen, Müdigkeit oder auch Konzentrationsschwäche. Hat man diese Phase erst einmal geschafft fühlt man sich, als könnte man Bäume ausreißen. Wir verbrauchen etwa 25 bis 30 Prozent unserer Energie nur für die Verdauung. Diese Energie wird beim Heilfasten eingespart.
Vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch!