Echten Dialog zu kultivieren, ist ein langer Prozess des eigenen Erforschens – Ein Interview mit Dr. Dorothea Hartmann

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Dr. Dorothea Hartmann

Mit diesem Beitrag eröffnen wir unsere neue Blog-Kategorie: “Interviews mit Referenten”. Den Anfang macht ein Gespräch mit Dr. Dorothea Hartmann. Die Referentin wird vom 31. Januar bis 1. Februar 2014 das Seminar “Echter Dialog als Kernkompetenz kraftvoller Führung” bei der Akademie Heiligenfeld leiten, welches sich an Führungskräfte, Personalverantwortliche, Trainer und Coaches richtet.

1.       Seit mehr als 15 Jahren führen Sie verschiedene Tätigkeiten aus: freiberufliche Beraterin, Trainerin, Coach, Lehrbeauftragte, Autorin sowie Organisationsentwicklerin und –forscherin. Welche Rolle spielt dabei Ihre langjährige Erfahrung?

Erfahrung spielt bei allen meinen Tätigkeiten eine große Rolle. Mit jedem Projekt, das ich durchführe, jedem Seminar, das ich halte, jedem Artikel, den ich schreibe, und jedem auch noch so kleinsten Forschungsvorhaben, lerne ich dazu. Und je mehr ich über einzelne Begebenheiten und Kontexte reflektiere, desto mehr lerne ich.

Im Alltag nehmen wir uns oft nicht die Zeit, lange genug Dinge hin und her zu wenden und aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten. Es ist die Reflexionstiefe, derer wir mehr bedürfen und dies ist häufig bloß ein Faktor von Zeit, die wir uns nehmen oder eben nicht. Für meine professionelle und individuelle Weiterentwicklung brauche ich die Reflexionstiefe und die Zeit dafür nehme ich mir.

2.       Menschen reden oft gegeneinander, statt miteinander. Um diese Problematik geht es in Ihrem Seminar “Echter Dialog als Kernkompetenz kraftvoller Führung”. Was könnten wir denn im Dialog besser machen?

Ach ja, denke ich manchmal, wir könnten es doch so einfach haben! Es ist die innere Haltung, die uns da oftmals in die Quere kommt und dass wir es nicht besser wissen, wie wir ein gutes kommunikatives Miteinander herstellen können und natürlich auch, dass uns das Einüben einer guten Praxis fehlt.

Wenn wir in ein Gespräch gehen ist es gut, mit Vertrauen und Neugier auf den oder die anderen Menschen zuzugehen und unsere Einschätzungen, Vorannahmen und Vorurteile beiseite zu lassen. Vorgefertigte Meinungen und Standpunkte helfen uns wenig, das Gesagte des anderen offen aufzunehmen. Das Hören ist also auch ein Thema. Gut zuzuhören, was der andere sagt und dem Raum geben, damit es bei mir nachklingen und Resonanz bilden kann. Oft genug hören wir gar nicht hin, sondern formulieren im Geiste bereits unsere Antwort und unseren Standpunkt. Wir sind also meistens viel zu schnell – eine Verlangsamung trägt zu einem guten Dialog bei.

Wenn wir dann noch ganz achtsam die feinen Bewegungen im Körper und in unserer Seele spüren lernen, sind wir bereits auf einem sehr guten Weg.

3.       Was macht einen echten Dialog aus?

Ich fasse einmal die zehn Kernfähigkeiten eines echten Dialogs zusammen: In einem echten Dialog sind sie Lernende, sie erweisen radikalen Respekt, sind offen für Neues, sprechen von Herzen, hören empathisch zu, verlangsamen den Dialog, stellen Annahmen und Bewertungen zur Seite, machen ihre Prozesse des Denkens transparent, gehen in einer erkundenden Forscherhaltung vor und schließlich etablieren sie einen inneren Beobachter, der den gemeinsamen Gedankenraum beobachtet.

In einem echten Dialog ist es nicht mehr wichtig, bestimmte Meinungen zu vertreten und Standpunkte auszutauschen, sondern vielmehr Perspektiven gemeinsam zu erkunden und Einschätzungen „in der Schwebe“ zu halten, die Gemeinschaft zu spüren und ein gemeinsames Denken anzufangen. David Bohm, der große Physiker und Erforscher des Dialogs, nannte das „das Wesen des kollektiven Denkens“ lernen.

4.       Wie bringen Sie die Teilnehmer dazu, echte Dialoge zu führen?

Im Wesentlichen geht es darum, die eigene innere Haltung zu entwickeln. Am Anfang geht es schlicht darum, die Sehnsucht nach einem echten Dialog bei den Teilnehmenden zu wecken. Dies mache ich durch eine Visionsübung, bei der die Teilnehmenden ihre eigene Vision eines guten Dialogs ersinnen und erspüren können. Es geht darum, Achtsamkeit als wichtigen Bestandteil von Begegnung zu vermitteln. Die Anfangssaat dafür lege ich oft in körperorientierte und Wahrnehmungs-Übungen. Ich gebe den Teilnehmenden Werkzeuge in die Hand, mit denen sie ihre eigene Art des Denkens erforschen können, also z.B. ganz konkret an eigenen Fallbeispielen erkunden können, mit welcher Absicht sie in ein Gespräch gehen, was ihre Annahmen sind, wie ihre innere Haltung ihre Gedanken und Gefühle beeinflusst. Diese Übungen sind meist sehr erhellend und überraschend für die Teilnehmenden. Und ich habe Führungskräfte, die sich später bei mir bedanken, weil sie durch diese Übungen ihren Führungsalltag und ihre Meetings viel besser bewältigen können.

Sie merken bestimmt, echten Dialog zu kultivieren, ist ein langer Prozess des eigenen Erforschens!

5.       Die Teilnehmer lernen unausgesprochene Annahmen wahrzunehmen, wertungsfrei zu beobachten, Gefühle zu erkennen und Bedürfnisse zu formulieren. Warum sind diese Fähigkeiten so wichtig für den Erfolg eines Unternehmens?

Findet in einem Unternehmen echter Dialog statt, fördert die Art des gemeinsamen Denkens neuartige, weitreichendere Lösungen zu Tage. Anders als der übliche (Schlag-)Austausch von Standpunkten und das Beharren auf Sichtweisen. Das kollektive Denken, das im echten Dialog zum Tragen kommt, eröffnet einfach neue Dimensionen der Betrachtung. Im echten Dialog können ganz andere und viel mehr Aspekte in eine Entscheidungsfindung einfließen. Gerade das brauchen wir alle. Vor allem auch Verantwortliche und Entscheider von Unternehmen in der heutigen Zeit: Neue Lösungen für neue Herausforderungen!

Weitere Informationen zum Seminar “Echter Dialog als Kernkompetenz kraftvoller Führung” erhalten Sie in der Akademie Heiligenfeld, Telefon: 0971 84-4600 oder auf der Internetseite www.akademie-heiligenfeld.de.

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