TaKeTiNa – nachgefragt bei Frank Rihm

Das Wort “TaKeTiNa” ist für viele ein Fremdwort. Jedoch nicht in den Heiligenfeld Kliniken: Der Rhythmustherapeut der Fachklinik Heiligenfeld Frank Rihm ist sogar ein richtiger TaKeTiNa Experte. Doch was verbirgt sich hinter diesem befremdlichen Begriff? In einem Interview erklärt Frank Rihm ausführlich, um was es sich bei TaKeTiNa handelt und wie er in Zukunft diese Therapieform ausbauen möchte.

Frank Rhim, Taketina
Frank Rihm, Rhythmustherapeut

Herr Rihm, wofür steht TaKeTiNa?

TaKeTiNa ist zunächst einmal der Name einer Methode, die es Menschen ermöglicht, Rhythmus mit dem Körper ganzheitlich zu erleben. Die Musik vieler außereuropäischer Völker ist sehr stark von Rhythmus geprägt. In diesen Kulturen lernt der Schüler von seinem Lehrer nicht dadurch, dass die Musik auf Notenblätter geschrieben wird. Vielmehr bedient sich der Lehrer einer ausgefeilten Rhythmussprache, also Rhythmussilben. Er spricht seinem Schüler vor, was dieser auf dem Instrument spielen soll. Dazu haben sich im Laufe der Jahrhunderte bestimmte Silben als besonders geeignet herausgestellt. Die Silben „ta“, „ke“, „ti“ und „na“ gehören dazu.

Wie wirkt TaKeTiNa?

Ups! (lacht). Nun ja, ich habe ja schon gesagt, dass TaKeTiNa mit Rhythmus arbeitet, genauer gesagt mit einem ganz bestimmten Ausschnitt aus dem Gebiet von Rhythmus: mit den Rhythmusarchetypen. Das sind jene Bausteine, mit denen ausnahmslos alle Menschen auf der ganzen Welt Rhythmus zusammensetzen. Im TaKeTiNa-Kreis kann der Teilnehmer mit den elementaren Grundschritten, die er geht, mit dem Klatschen seiner Hände und mit dem Singen Rhythmus bzw. die Rhythmusarchetypen in seinem Körper erfahren und spüren. Musik wird so zu einem ganzkörperlich und sinnlich erfahrbaren Ereignis. Der Teilnehmer betritt damit die Welt des Archetypen, also zunächst einmal einen Bereich, der über sein Persönliches weit hinausgeht. Indem TaKeTiNa den Teilnehmer quasi mitten in den Rhythmus „hineinstellt“, werden in ihm einerseits die rhythmischen Urkräfte aktiviert, die in uns Menschen innewohnen. Andererseits werden uns in der Auseinandersetzung mit dem rhythmischen Material all jene persönlichen Themen, Eigenarten und Muster bewusst, die unserem eigenen Wachstum im Wege stehen. Hier wird es spannend. Denn jetzt wird aus einem musikalischen Weg plötzlich ein ganz persönlicher Wachstumsweg, der nach meiner Erfahrung in alle menschlichen Bereiche hinein strahlt. Einfach dadurch, dass ich Teil des rhythmischen Geschehens bin, erlebe ich Qualitäten, die durch Rhythmus erfahrbar werden, wie beispielsweise Getragensein, Halt, Hingabe, im Fluss sein, das Gefühl des Dazugehörens und andere.

Außer der großen Trommel setzen Sie bei TaKeTiNa auch einen einseitigen Bogen ein. Wie heißt dieses Instrument und woher kommt es?

Die große Trommel heißt Surdo und kommt aus Brasilien. Sie wird hauptsächlich in den großen Samba-Ensembles gespielt. Der Musikbogen heißt Berimbau, kommt eigentlich aus Afrika und kam mit den Sklaven von dort aus nach Brasilien. Der Berimbau hat dort überlebt, weil er eine feste Funktion und Tradition im Capoeira, einer Art Tanz-Kampf-Sport, hat. Jedes Instrument im TaKeTiNa hat eine ganz klar umrissene Funktion. Während der Surdo die ideale Basstrommel ist, um den Grundschritt der Teilnehmer zu unterstützen, spielt der Leiter mit dem Berimbau einen Grundton, auf dem sich der Gesang des TaKeTiNa-Settings ruht und ausbreiten kann. Beide Instrumente haben damit eine überwiegend tragende Funktion.

Warum sind Sie Rhythmustherapeut geworden? Wie war Ihre Ausbildung?

Letztendlich wohl, weil mich Musik einerseits schon sehr früh in meinem Leben fasziniert hat, andererseits aber auch, weil mich an der Musik mehr die Wirkung als der ästhetische Aspekt angesprochen hat. Von Hause aus spielte ich Klavier und Vibraphon. Irgendwann kam ich dann auf die Idee, Musiktherapie studieren zu wollte. Ich begann Trommel zu spielen, weil ich das für eine gute Vorbereitung für das Studium hielt. Mein Trommellehrer überredete mich, auf ein TaKeTiNa-Seminar mitzugehen. Dort rannte ich bei den unterschiedlichen Übungen mitten in meine Verhaltensmuster hinein, so wie das heute den Patienten in der TaKeTiNa-Gruppe in Heiligenfeld geschieht. Ich weiß genau, wie es sich anfühlt, wenn man nicht in den Rhythmus hineinkommt, wenn man im Rhythmus alles kontrollieren will, wenn man nicht mit sich zufrieden ist und weiter sein will, als man es eben ist, und, und, und. Und dennoch war ich nach diesen 10 Tagen Rhythmus in der Toskana vollauf begeistert. Jedenfalls habe ich dann in den Niederlanden an einer Hochschule tatsächlich Musiktherapie studiert und parallel dazu die ziemlich intensive Ausbildung zum Rhythmustherapeuten absolviert. Was die Rhythmustherapie betrifft, so hatte ich von Anfang an ein großes Interesse daran, Brauchbares aus der Psychotherapie zu integrieren. Diese Entwicklung hat übrigens nie aufgehört und hält TaKeTiNa lebendig und interessant. Wenn ich an die Entwicklung der letzten Jahre zurückdenke, dann fällt mir auf, dass es schon einige Jahre gedauert hat, bis ich mit den Patienten wirklich so arbeiten konnte, wie mir das vorschwebte. TaKeTiNa ist eben sehr komplex und vielschichtig.

Und jetzt planen Sie eine Ausbildung?

Ja, genau. Die Entwicklung geht tatsächlich immer weiter und momentan plane ich mit Reinhard Flatischler, dem Begründer von TaKeTiNa, eine Ausbildung. Wir werden Menschen, die bereits in heilenden Berufen tätig sind – oder die sich auf dem Weg dazu befinden – ab Frühjahr 2015 zu Klinischen Rhythmustherapeuten ausbilden. Dazu entwickeln wir gerade neue Arbeitsweisen und Settings. Aber natürlich bauen wir auch auf unseren bisherigen Erfahrungen auf, so dass die Ausbildung auf Bewährtes zurückgreifen wird, aber eben auch die Arbeit mit TaKeTiNa und Rhythmus in ambulanten und klinischen Settings gezielt in den Mittelpunkt stellt. Mit Bettina Berger haben wir übrigens eine kompetente Fachärztin gefunden, die mich beim psychotherapeutischen Teil der Ausbildung unterstützen wird. Außerdem wird die Ausbildung von der Akademie Heiligenfeld organisiert, die in solchen Dingen viel Erfahrung hat. Weitere Informationen zur TaKeTiNa-Ausbildung finden Sie hier.

Haben Sie eine Vision in Ihrer Arbeit?

Meine Vision in der Arbeit ist einigermaßen klar: ich möchte mit TaKeTiNa ein Feld schaffen, in dem sich Menschen in ihrer Tiefe selbst begegnen können, in dem sie als einzelne, abgegrenzte Person lernen und sich entwickeln, während sie gleichzeitig als Teil der Gruppe auch in einem ständigen, sich selbst organisierenden Entwicklungsprozess begriffen sind. Gerade diese zwei unterschiedlichen Komponenten – hier die eigene und persönliche Entwicklung, dort gleichzeitig das gemeinsame Wachsen der Gruppe im TaKeTiNa-Kreis – finde ich besonders reizvoll. Wir sind eben in beiden Welten zu Hause und die Entwicklungen in beiden Bereichen gehen Hand in Hand oder bedingen sich oft sogar geradezu: die Entwicklung zu einem autonomen, eigenständigen und einzigartigen Wesen und gleichzeitig wächst die Gruppe zu einem tragenden, lebendigen, nährenden, aber auch herausfordernden Organismus zusammen.

Vielen Dank für das Interview :).

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