Was ist die systemische Familientherapie? Was Eltern wissen müssen

Familien und andere zwischenmenschliche Beziehungen können viel Kraft spenden. Sie fangen uns in schwierigen Zeiten auf und geben uns die Motivation, die wir manchmal brauchen. So förderlich familiäre Strukturen auch sein können, so schädlich können sie sich auch auf die Psyche auswirken. Belastende Beziehungen können psychische Störungen verstärken oder sogar erst hervorrufen. Die systemische Familientherapie ist ein therapeutischer Ansatz, der genau hier ansetzt.

Was ist eine Familientherapie überhaupt?

Die Familientherapie ist ein gruppenpsychologischer Ansatz, der die Familie als Ganzes ins Zentrum der Therapie rückt. Grundlegend geht es dabei darum, Familien und ihre inner- aber auch außerfamiliären Beziehungen zu betrachten, um vorhandene entwicklungshemmende Spannungen zu lösen. Der Grundgedanke hinter der Familientherapie ist, dass psychische Probleme nicht komplett isoliert, sondern von der Dynamik der Familie beeinflusst werden. In der Behandlung können sowohl psychodynamische, kognitionspsychologische oder systemische Therapieverfahren berücksichtig werden.

Das Ziel einer Familientherapie ist jedoch immer, die Beziehungsqualität der Familienmitglieder zu verbessern oder, falls dies nicht möglich ist, eine innere und äußere Abgrenzung von den gesammelten familiären Erfahrungen herzustellen. Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es verschiedene Ansätze, die sich je nach Problemlage auf unterschiedliche Aspekte der Familieninteraktion konzentrieren. Zwei Methoden der Familientherapie sind beispielsweise die strukturelle und strategische Familientherapie.

Strukturelle Familientherapie

Wie der Name bereits verdeutlicht, stehen in der strukturellen Familientherapie, die Strukturen bzw. die Organisation der Familie im Vordergrund. Innerhalb der Therapie werden beispielsweise Hierarchien und Rollenverteilung sowie Regeln und Grenzen genauer durchleuchtet, um dysfunktionale Strukturen und Interaktionsmuster zu identifizieren und zu ändern. Das Hauptaugenmerk liegt hier darauf, die Familienstruktur aufzubrechen und neue, gesündere Strukturen zu erschaffen.

Strategische Familientherapie

In der strategischen Familientherapie wird die Familieninteraktion besonders hinsichtlich bestimmter Kommunikations- und Verhaltensmuster untersucht. Die Therapie zielt darauf ab, bisher angewandte problemfördernde Verhaltensstrategien zu unterbrechen und aktiv alternative Handlungsstrategien zu etablieren. Insgesamt sollen in der strategischen Familientherapie ungesunde Kommunikationsmuster oder mangelnde Kooperation zwischen den Familienmitgliedern aufgearbeitet werden.

Sowohl die strukturelle als auch die strategische Familientherapie sind individuell anpassbar. Obwohl beide Ansätze unterschiedliche Schwerpunkte haben, werden sie in der Praxis oft kombiniert, um eine umfassendere Behandlung anzubieten. Beide Methoden verdeutlichen schließlich dabei das Modell der systemischen Psychotherapie. 

Das Modell der systemischen Psychotherapie

Die systemische Psychotherapie ist ein Oberbegriff für therapeutische Ansätze, die soziale Systeme der Patienten innerhalb der Therapie berücksichtigen. Es steht folglich nicht nur das Individuum im Fokus, sondern dessen Einbettung in ein jeweiliges soziales Umfeld. Die systemische Psychotherapie folgt der Annahme, dass das soziale System, trotz einer davon ausgehenden psychischen Belastung, aufrechterhalten wird.

Obwohl der systemische Therapieansatz oftmals bei Familien angewandt wird, können auch andere soziale Systeme wie Arbeitsumfeld, Partnerschaften, Schulumfeld, aber auch kulturelle oder ganze Gesellschaftssysteme betrachtet werden. Die Betrachtung des sozialen Umfelds folgt nicht zwangsläufig einer Integration anderer Personen in die Behandlung.

Grafik zeigt ein Mädchen, das durch die Fülle an negativem Verhalten anfängt zu weinen

Was ist eine systemische Familientherapie?

Die systemische Familientherapie kombiniert die Elemente einer Familientherapie mit denen einer systemischen Psychotherapie. Wie beschrieben, ist es ein Modell der Familientherapie, bei dem die Gesundheit sowie Krankheit der Menschen im Kontext der Familie, deren Lebensrealität und somit auch der Therapie an sich betrachtet wird. Ausgehend von dieser Perspektive sind auffällige Verhaltensweisen oder psychische Störungen nicht immer das Produkt mentaler und seelischer Konflikte, sondern eine Reaktion auf die Lebens- und Beziehungswelt der Betroffenen.

Sowohl strukturelle als auch strategische Familientherapie lassen sich daher als Unterkategorie der systemischen Familientherapie auffassen. Im Vordergrund der Behandlung steht hier die Neugestaltung von Interaktionen durch das Aufbrechen von Kommunikations-, Verhaltens- oder auch Rollenmustern, indem der Therapeut die unterschiedlichen familiären Perspektiven, Dynamiken, Standpunkte aber auch Stärken identifiziert.

Wann ist eine systemische Familientherapie sinnvoll?

Die systemische Familientherapie ist immer dann sinnvoll, wenn Familien vor Herausforderungen stehen, die ihre Beziehung und Funktionalität beeinträchtigen. Solche Situationen können sehr individuell sein, finden sich aber häufig in familiären Umbruchsituationen, in denen sich das Leben schlagartig verändert. Als Beispiel lassen sich hier Umzüge, die Geburt eines Kindes sowie der Verlust oder die lebensgefährliche Erkrankung eines Familienmitgliedes anführen. Weitere Situationen, bei denen eine systemische Familientherapie helfen kann sind:

  • Eheprobleme
  • Konflikte und Missverständnisse in der Familie
  • Psychische Gesundheitsprobleme wie Depression oder Burnout
  • Suchtprobleme und Suchterkrankungen
  • Erziehungsfragen
  • Schulische Probleme
 

Die Vorteile der Familientherapie liegen hier nicht nur darin, Bewältigungsstrategien zu entwickeln und die allgemeine Kommunikation innerhalb der Familie zu verbessern, sondern auch in der hieraus stattfindenden Selbstreflexion. Denn erst die Reflexion des eigenen Verhaltens und seiner Wirkung auf das Umfeld kann die Familienbeziehung nachhaltig verbessern.

Beispiel: Die Behandlung von ADHS mit der systemischen Familientherapie in der Heiligenfeld Klinik Waldmünchen

Ein konkretes Beispiel bei dem die systemische Familientherapie in den Heiligenfeld Kliniken Anwendung findet, ist in der Therapie von ADHS bei Kindern in unserer Heiligenfeld Klinik Waldmünchen. Hier wird der familientherapeutische Ansatz als Alternative oder Ergänzung einer medikamentösen Behandlung angeboten. Neben der Psychoedukation, bei der in Beratungsgesprächen die Betroffenen und ihre Bezugspersonen allgemein über ADHS aufgeklärt werden und ein individuelles Störungs- sowie Behandlungskonzept entwickelt wird, erlernen Eltern in sogenannten Elterntrainings, wie Sie mit ihrem betroffenen Kind umgehen, um es entsprechend in seiner Entwicklung zu fördern. Hierbei wird, soweit förderlich, auch das Kind einbezogen. Zusätzlich erlernen die Kinder in der Verhaltenstherapie Verhaltensstrategien, die ihnen sowohl dabei helfen ihre sozialen Kompetenzen zu entwickeln als auch aufkommende Probleme zu erkennen und zu lösen.

Unabhängig von jeder therapeutischen Intervention, aber umso wichtiger, ist die Familien-Interaktion. Sie ist ein fester Bestandteil der systemischen Familientherapie in Waldmünchen. Hierbei liegt der Fokus allgemein auf positiver Familienzeit. Eltern und Kinder sollen herausfinden, was ihnen Spaß macht und wo ihre gemeinsamen Ressourcen liegen, um konkrete Familienziele definieren zu können und die Eltern-Kind-Bindung weiter zu festigen. 

Artan Laska

“Ein Kind mit ADHS zu erziehen, kann sehr anstrengend sein. Eine systemische Familientherapie kann Eltern deshalb dabei helfen, mit dem Verhalten des Kindes besser umzugehen.”

Artan Laska, Chefarzt der Heiligenfeld Klinik Waldmünchen

Der Einsatz der systemischen Familientherapie begrenzt sich jedoch nicht auf ADHS. Da sich viele der psychischen und psychosomatischen Störungen auf relevante Beziehung beeinflussen, ist die Bandbreite der Indikationen, bei denen diese Therapiemethode angewandt werden kann, riesig. Grundsätzlich kann eine systemische Familientherapie deshalb bei allen Störungen angewandt werden, die sich auf das soziale Umfeld auswirken. Beispiele hierfür sind:

  • Depressionen und depressive Episoden
  • Persönlichkeitsstörungen
  • Angststörungen und Bindungsängste
  • Zwangsstörungen
  • Essstörungen
  • Sexuelle Probleme
 

Einweisungs- und Aufnahmemodalitäten zur systemischen Familientherapie in der Heiligenfeld Klinik Waldmünchen

Das Therapiekonzept der Heiligenfeld Klinik Waldmünchen beinhaltet eine therapeutische Gemeinschaft aus Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Innerhalb der systemischen Familientherapie arbeiten die Erziehungsberechtigten und die Kinder gemeinsam an den Zielen der Familie. Es ergeben sich deshalb unterschiedliche Konstellationen, die bereits bei der Aufnahme in der Klinik relevant sind.
Für eine Aufnahme in die Klinik werden je nach Alter unterschiedliche Aufnahmeunterlagen benötigt. Es wird dabei zwischen Kindern im Alter von 3-13 Jahren, Jugendlichen im Alter von 14-17 Jahren und Erwachsenen ab 18 Jahren unterschieden. Zudem ist es ebenfalls möglich, Kinder als Begleitung mit in die Klinik aufzunehmen.

Eine Kostenübernahme der Familientherapie ist bei gesetzlich versicherten Patientinnen und Patienten mit einer Krankenhauseinweisung möglich. Die Kosten eines stationären Aufenthaltes werden hier üblicherweise von den Krankenkassen übernommen. Bei Privatversicherten muss der Antrag auf Kostenübernahme der Familientherapie von der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt an die private Krankenversicherung gestellt werden. 

Inhalt

Anmeldung und Aufnahme in der Heiligenfeld Klinik Waldmünchen

Alle Informationen zur Aufnahme sowie Kontaktdaten der Heiligenfeld Klinik Waldmünchen finden Sie hier.

Familientherapie

Alle Informationen zur Familientherapie bei Heiligenfeld finden Sie hier zusammengefasst.

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