Borderline
Personen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung erleben sich oft an einer Grenze: Charakteristisch ist eine rasche und heftige emotionale Reaktion, die für den Betroffenen kaum zu steuern ist. Die Emotionen überrollen ihn, können abrupt wechseln und ein “Gefühls-Chaos” erzeugen. Geringe Auslöser reichen aus, die Emotionen “hochschießen” zu lassen. Patienten mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung wechseln mitunter innerhalb weniger Augenblicke von einem Zustand der Gelassenheit in heftige Erregung, die sich oft auch selbstaggressiv auswirkt: Betroffene neigen verstärkt zu selbstverletzendem Verhalten (“Ritzen”). Hierdurch versuchen sie, die teils als unerträglich erlebten Spannungszustände zu lindern.
Die “emotional instabile Persönlichkeitsstörung“, wie Borderline auch genannt wird, ist relativ häufig anzutreffen. Drei Prozent der Allgemeinbevölkerung sind hiervon betroffen. Im ambulanten Therapie-Setting weist jede*r zehnte Patient*in eine Borderline-Symptomatik auf, im stationären Rahmen 15 bis 20 Prozent.
Es handelt sich um eine schwere psychische Erkrankung, die für den Betroffenen mit einem hohen Leidensdruck und erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität einhergeht. Die Suizidrate ist im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung deutlich erhöht – sie liegt bei fünf bis acht Prozent. Frauen und Männer sind – entgegen früheren Annahmen – gleich häufig betroffen. Trotz der Schwere des Störungsbildes haben sich therapeutische Maßnahmen als sehr wirkungsvoll erwiesen. Psychotherapie ist das Mittel der Wahl, mit dem Ergebnis einer langfristigen Besserung der Beschwerden bei bis zu 50 Prozent aller Behandelten.
Gerade für Menschen mit Borderline-Persönlichkeitszügen ist das Erleben klarer, verlässlicher und nachvollziehbarer Beziehungen ungemein wichtig. Nur hierdurch gelingt es ihnen, wieder Vertrauen in andere Menschen und letztlich in das Leben selbst zurückzugewinnen. Ein Schwerpunkt der Behandlung in den Heiligenfeld Kliniken liegt daher auf der Unterstützung heilsamer Beziehungen, zwischen Patient*in und Therapeut*innen sowie in der Patientengemeinschaft.
Wie der Begriff der “emotional instabilen Persönlichkeitsstörung” bereits verdeutlicht, spielt vor allem die Schwierigkeit der Emotionsregulation eine entscheidende Rolle. Patient*innen mit einer Borderline-Symptomatik erleben ihre Emotionen als nicht kontrollierbar, oft als überschwemmend. Es fällt ihnen schwer, diese differenziert wahrzunehmen. Stattdessen kommt es zu kaum aushaltbaren Spannungszuständen. Negative Emotionen überwiegen dabei deutlich.
Im Wesentlichen finden sich bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung die folgenden Symptome (zitiert nach ICD-10):
- deutliche Tendenz, unerwartet und ohne Berücksichtigung der Konsequenzen zu handeln
- deutliche Tendenz zu Streitereien und Konflikten mit anderen, vor allem dann, wenn impulsive Handlungen unterbunden oder getadelt werden
- Neigung zu Ausbrüchen von Wut oder Gewalt, mit Unfähigkeit zur Kontrolle explosiven Verhaltens
- Schwierigkeiten in der Beibehaltung von Handlungen, die nicht unmittelbar belohnt werden
- unbeständige und launische Stimmung
- Störungen und Unsicherheit bezüglich Selbstbild, Zielen und “inneren Präferenzen” (einschließlich sexueller)
- Neigung, sich auf intensive, aber instabile Beziehungen einzulassen, oft mit der Folge von emotionalen Krisen
- übertriebene Bemühungen, das Verlassenwerden zu vermeiden
- wiederholt Drohungen oder Handlungen mit Selbstbeschädigung
- anhaltende Gefühle von Leere
Die Diagnose einer “emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ” wird nach ICD-10 dann gestellt, wenn sowohl die allgemeinen Kriterien einer Persönlichkeitsstörung als auch mindestens fünf der oben genannten Kriterien vorliegen. Dabei sollte die Diagnose ausschließlich von einem*einer qualifizierten Arzt*Ärztin oder Psychotherapeut*in gestellt werden.
Die Behandlung einer Borderline-Persönlichkeitsstörung im stationär-psychosomatischen Setting hat sich als wirkungsvoll erwiesen. Insbesondere wenn ambulante Behandlungsmaßnahmen nicht mehr ausreichen, kann durch die stationäre Therapie wieder eine merkliche Stabilisierung erzielt werden. Gleichzeitig jedoch können auch Umstände gegeben sein, unter denen eine stationär-psychiatrische Behandlung notwendig wird, mit der Möglichkeit der anschließenden Weiterbehandlung in unseren Kliniken.
Eine Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung ist in den Heiligenfeld Kliniken möglich bei:
- Instabilität im ambulanten Setting (wenn ambulante Therapiemaßnahmen zur Stabilisierung nicht ausreichen)
- Phasen mit erhöhtem Selbstverletzungsdruck (keine tatsächlich erhöhte Selbstverletzung!) und Suizidalität (bei gegebener Absprache- und Bündnisfähigkeit)
- Komorbidität, z. B. posttraumatische Belastungsstörung, Depression, Ängste, Essstörungen, Suchtverhalten (sofern bei Alkohol- und Drogenabhängigkeit Abstinenzfähigkeit gegeben ist)
- krisenhaften Einbrüchen nach einschneidenden Lebensereignissen (z. B. Trennung, Tod, Verlust des Arbeitsplatzes etc.)
- wiederholt eskalierenden Konflikten in der Familie, Partnerschaft oder am Arbeitsplatz
Ausschlusskriterien für eine (direkte) Behandlung in unseren Kliniken sind:
- bestehende Fremd- oder Selbstgefährdung, welche die Unterbringung in einer geschützt-psychiatrischen Einrichtung erforderlich macht
- selbstverletzendes Verhalten mit der Erfordernis einer medizinisch-chirurgischen Versorgung
- das Vorliegen einer akuten Psychose (schizophrene oder manisch-depressive Psychose)
- eine primäre Suchterkrankung, bei der zunächst eine körperliche Entgiftung vom Suchtmittel nötig ist oder bei der die Behandlung in einer spezialisierten Facheinrichtung angezeigt ist
- in der Regel das Vorliegen einer primär organischen Erkrankung, durch welche die vorhandenen psychischen Symptome verursacht werden (Einzelfallentscheidung)
- in der Regel, wenn eine geistige Behinderung im Vordergrund steht (Einzelfallentscheidung)
- bei stark eingeschränkter Geh- oder Bewegungsfähigkeit (z. B. durch Körperbehinderung, massives Übergewicht, extreme körperliche Schwäche) und der Erfordernis pflegerischer Unterstützung
Gerade bei Patient*innen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung finden sich in der Vergangenheit besonders häufig Fälle von Vernachlässigung und körperlicher, sexueller oder emotionaler Gewalt. Diese traumatisierenden Beziehungserfahrungen haben enormen Einfluss auf das Erleben und Verhalten der Betroffenen im Hier und Jetzt.
Wir verstehen Borderline in erster Linie als eine Beziehungs- bzw. Bindungsstörung. Entsprechend zielt unser therapeutisches Angebot darauf, innerhalb eines vertrauensvollen und haltgebenden Umfelds korrigierende Beziehungserfahrungen zu ermöglichen.
Die Therapie in den Heiligenfeld Kliniken beinhaltet:
- strukturbildende und stabilisierende Elemente und Angebote
- ressourcenaktivierende Methoden in Bewegungs-, Musik- und kreativer Therapie
- unterschiedliche Zugangsweisen zum Erleben durch körperbezogene Therapien, gestalterische Medien, Musik, Entspannung oder Imagination, Aggressionsarbeit, Therapeutisches Reiten, Rhythmustherapie
- themenbezogene Gruppe über Tod und Sterblichkeit
- Förderung von lebenspraktischen Kompetenzen durch Lebensführung, Beziehung und Kommunikation
- funktionell wirksame Therapien wie Physikalische Therapie, Sport und Gymnastik, Entspannungsverfahren
- nährende und unterstützende Therapien, wie die Wassertherapie, meditative und imaginative Methoden
Die Behandlungsziele werden zusammen mit dem*der Bezugstherapeut*in festgelegt. Hierzu können zählen:
- Einsicht in die Erkrankung und ihrer Schwere; Einsicht in biographische Zusammenhänge
- Entwicklung von Kontakt-/Beziehungsfähigkeit sowie die Verarbeitung traumatischer Erlebnisse
- Kontrolle und Begrenzung von zerstörerischen und selbstzerstörerischen Impulsen, Verhaltensweisen und Suchtverhalten
- Entwicklung des Kontakts zum inneren Selbst
- Entwicklung der Fähigkeit zur Selbststeuerung unterschiedlicher innerer Zustände; Entwicklung eines angemessenen Körperbildes, eines positiven Selbstgefühls, der Selbstannahme, der Selbstverantwortung und damit von einem realistischen, differenzierten und stabilen Selbstbild
- Einsicht in eigene Schwächen und Stärken; Entwicklung von Alltagsfertigkeiten; Entwicklung einer beruflichen Zukunftsperspektive und differenzierte Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit
Nachfolgend finden Sie den Prospekt zur Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung in den Heiligenfeld Kliniken.
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