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Tinnitus verstehen: Ursachen, Behandlung und Tipps für den Umgang

Ein Mann liegt auf einem Bett und hält sich mit der Bettdecke die Ohren zu.

Ein Summen, Pfeifen oder Rauschen im Ohr haben viele Menschen schon erlebt. Bei den meisten verschwinden diese Geräusche nach kurzer Zeit wieder. Doch wenn sie blieben, können sie zu einer großen Belastung werden: Schlaf, Konzentration und Lebensqualität leiden unter dem dauerhaften Ohrgeräusch, der Alltag wird zur Herausforderung. Was aber steckt hinter einem Tinnitus? Und vor allem: Wie kann man am besten damit umgehen?

Was ist Tinnitus?

Wenn wir Geräusche wahrnehmen, die nicht von einem äußeren Schallreiz ausgelöst werden, handelt es sich um einen Tinnitus. Der Tinnitus kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein: Während einige Betroffene das Ohrgeräusch im Alltag gut ausblenden können und es nur in ruhigen Momenten deutlich hören, ist es bei anderen so allgegenwärtig, dass es alle Lebensbereiche überschattet und zur ständigen Herausforderung wird.

Wenn das Ohrgeräusch länger als drei Monate anhält, spricht man von einem chronischen Tinnitus. Die Belastung geht dabei weit über das bloße Hören hinaus: Viele Betroffene sind emotional angespannt und haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren. Oft kommen Schlafprobleme, Ängste oder Depressionen dazu. Manche reagieren außerdem überempfindlich auf alltägliche Geräusche – ein Phänomen, das als Hyperakusis bezeichnet wird.

Wie entsteht Tinnitus?

Die Ursachen für Tinnitus sind vielfältig. Oft wird das Ohrgeräusch zwar durch eine Erkrankung des Innenohrs, ein akustisches Trauma oder eine Hörminderung ausgelöst. Doch auch wenn körperliche Ursachen bereits abgeklungen sind, kann es bestehen bleiben. Dieser Effekt entsteht durch die Verarbeitung im Gehirn: Fehlende Höreindrücke können neuronale Aktivitäten auslösen, die als Geräusch wahrgenommen werden.

Wie stark der Tinnitus belastet, hängt auch davon ab, wie sehr er die Aufmerksamkeit auf sich zieht und von welchen Gefühlen und Gedanken er begleitet wird. Stress, Ängste, ungelöste Konflikte, hohe Leistungsansprüche oder unverarbeitete Verluste können dafür sorgen, dass der Tinnitus weiter in den Vordergrund rückt. Gleichzeitig kann das Ohrgeräusch selbst neue Ängste und Anspannungen auslösen. So entsteht oft ein Kreislauf, in dem sich Wahrnehmung und Belastung gegenseitig verstärken.

Tinnitus kann auch Ausdruck innerer seelischer Prozesse sein. Etwa in belastenden Lebenssituationen oder in zwischenmenschlichen Konflikten kann das Ohrgeräusch wie eine Barriere zur Umgebung wirken – als würde sich das Gehör zurückziehen.

Auch körperliche Faktoren wie Verspannungen im Bereich der Halswirbelsäule oder des Kiefergelenks können die Ohrgeräusche beeinflussen. Gerade im höheren Lebensalter kann zusätzlich eine Hörschwäche auftreten, die die Verarbeitung von akustischen Reizen im Gehirn verändert und die Belastung durch einen Tinnitus verstärken kann.

„Tinnitus entsteht meist aus dem Zusammenspiel körperlicher und seelischer Faktoren. In der Behandlung werden auch die persönlichen Lebensumstände und inneren Belastungen berücksichtigt, da sie den Umgang mit dem Ohrgeräusch oft erheblich prägen.“

Chefarzt der Parkklinik Heiligenfeld in Bad Kissingen.

Dr. Hans-Peter Selmaier 
Chefarzt Parkklinik Heiligenfeld 

Der ganzheitliche Blick auf den Tinnitus

Der Tinnitus betrifft nicht nur das Ohr, sondern den ganzen Menschen. Deshalb wird zu Beginn der Behandlung genau hingeschaut: Neben Hörtests und anderen medizinischen Untersuchungen werden auch die persönlichen Lebensumstände und mögliche psychische Belastungen einbezogen. Gespräche, Beobachtungen und Fragebögen helfen, die individuelle Situation besser zu verstehen.

In der psychosomatischen Therapie geht es dann vor allem darum, einen neuen Umgang mit den Ohrgeräuschen zu finden. Ziel ist es also nicht, das Geräusch „auszuschalten“, sondern Ängste abzubauen, innere Anspannungen zu lösen, die Selbstwirksamkeit zu stärken und die Lebensqualität spürbar zu verbessern. Eine vertrauensvolle psychotherapeutische Begleitung und eine offene Kommunikation helfen dabei.

Psychotherapie: Neue Wege im Umgang mit dem Tinnitus

In der kognitiven Verhaltenstherapie wird gemeinsam ergründet, welche Gedanken und Gefühle den Tinnitus beeinflussen. Für viele Betroffene rückt das Ohrgeräusch umso stärker in den Vordergrund, je mehr sie es unwillkürlich bewerten. Mit Achtsamkeit, gezielten Übungen und neuen Perspektiven lernen sie, diese Muster zu erkennen und zu verändern. Methoden zur Stressbewältigung und Selbstfürsorge helfen, der inneren Anspannung zu begegnen.

Wenn bei der Tinnitus-Behandlung tiefenpsychologische und integrative Verfahren eingesetzt werden, liegt der Fokus auf den persönlichen Erfahrungen, Beziehungen und inneren Konflikten der Betroffenen. Manchmal spiegelt der Tinnitus innere Spannungen wider, die sich über längere Zeit aufgebaut haben. Wenn solche Zusammenhänge sichtbar werden, können solche Belastungen Schritt für Schritt gelöst werden.

Entspannung, Achtsamkeit, Selbstfürsorge: Was im Alltag helfen kann

Ergänzend zur Psychotherapie gibt es verschiedene Möglichkeiten für Menschen mit Tinnitus, um den Umgang mit dem Ohrgeräusch zu erleichtern und Entlastung zu finden. Vor allem körperorientierte und achtsamkeitsbasierte Ansätze haben sich bewährt. Viele Betroffene gewinnen durch regelmäßige Übung einen gewissen Abstand zum Tinnitus – selbst wenn das Geräusch nicht verschwindet. Manchen hilft der Tinnitus im Alltag sogar dabei, eigene Belastungsgrenzen besser wahrzunehmen.

  • Entspannungsverfahren wie Progressive Muskelrelaxation, Atemübungen oder Autogenes Training können das Nervensystem beruhigen und der inneren Unruhe entgegenwirken.
  • Achtsame Bewegungsformen wie Yoga und Qigong, Übungen wie der Bodyflow oder ganz einfach Spaziergänge in der Natur helfen, den eigenen Körper besser wahrzunehmen und zu entspannen.
  • In Achtsamkeitstrainings wie MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction) lernen Betroffene, Geräusche, Gedanken und Körperempfindungen bewusst wahrzunehmen, ohne sie sofort zu bewerten oder abzuwehren.
  • Auch Klangtherapien können unterstützen. Ziel ist nicht, den Tinnitus zu überdecken, sondern das Hören wieder positiv zu erleben.
  • Verschiedenste Arten der Selbstfürsorge verbessern insgesamt das körperliche Wohlbefinden. In der ganzheitlichen Tinnitus-Behandlung können deshalb auch Aromatherapien mit beruhigenden Ölen oder Anwendungen wie Wickel, Bäder oder Kneipp-Verfahren ergänzend eingesetzt werden.

Mit Tinnitus leben lernen: Mehr Ruhe und Lebensqualität finden

Tinnitus lässt sich nicht immer ganz zum Verstummen bringen. Trotzdem gibt es Möglichkeiten, den eigenen Umgang damit zu verändern. Ziel ist es, den Kreislauf aus Anspannung, Angst und Belastung schrittweise zu unterbrechen. Mit der Zeit kann es gelingen, dem Ohrgeräusch weniger Raum im Alltag zu geben und wieder mehr innere Ruhe und Lebensqualität zu finden. In den Heiligenfeld Kliniken integrieren wir einen bestehenden Tinnitus individuell in unser therapeutisches Konzept.

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Leonie Schickell
Leonie Schickell ist Pressereferentin der Heiligenfeld Kliniken und schreibt für den Heiligenfeld Blog.
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Leonie Schickell
Leonie Schickell ist Pressereferentin der Heiligenfeld Kliniken und schreibt für den Heiligenfeld Blog.

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